Alles auf Rot. Rien ne va plus. Und … tatsächlich kommt Rot! Der Einsatz ist verdoppelt. Tolles Gefühl! Im Casino kann man einfach und schnell viel Geld gewinnen. Man muss nur auf die richtige Zahl setzen. Doch dieses Gefühl ist trügerisch, vor allem, wenn man einmal gewinnt und gierig wird. Dann hat man einen Lauf, man kann nichts falsch machen – glaubt man zumindest. Leider hat das persönliche Befinden keinerlei Einfluss auf die Bewegung der Roulettekugel, sondern nur der Zufall. Wahrscheinlichkeit ist die einzige Gewissheit beim Glückspiel. Setze ich auf Rot oder Schwarz, liegt meine Gewinnchance knapp unter 50 % (es gibt ja noch die grüne 0). Spielt man lang genug und setzt nur auf Farbe, wird man weniger als die Hälfte aller Spiele gewinnen, sagt uns die Statistik.
Emotion schlägt Ratio
Statistik ist alles, was den Homo oeconomicus – den stets rational denkenden Menschen – interessieren würde. Doch den gibt es nicht. Aus der Psychologie ist bekannt: Emotion schlägt Ratio. Im Zweifelsfall entscheiden Menschen nicht mit dem Kopf, sondern „aus dem Bauch heraus“. Und das führt auch im Umgang mit Geld zu irrationalem Verhalten. Ein Beispiel: Frau B. hat einen Teil ihres Ersparten am Kapitalmarkt investiert. Die Kurse fallen und Frau B. verliert Geld. Das Gehirn reagiert auf diesen Verlust wie auf eine körperliche Bedrohung, beschreibt der Neurofinanzexperte Roland Ullrich. „Das limbische System sorgt dafür, dass Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet werden, die den Körper in Spannung versetzen. Das Gehirn schaltet den Kampf-Flucht Mechanismus ein. Der Verstand ist ausgeschaltet“, so Ullrich. Diese irrationale Angst führt schließlich zu Fehlern. Frau B. verkauft ihre Positionen mit Verlust, obwohl die Faktenlage das womöglich nicht erfordert hätte. Selbst wenn die Kurse fallen, können die Unternehmen, in die Frau B. investiert hat, solide sein und gute Geschäftsmodelle haben, was auch künftig Gewinne sichert. Betrachtet man die Situation rational, erkennt man möglicherweise, dass sich die Kurse langfristig wieder erholen können und man investiert bleiben sollte. Vor allem bei komplexen Finanzentscheidungen täuscht Angst oftmals über die Faktenlage hinweg.
Gier und Angst sind Hauptgegner vernünftiger Anlageentscheidungen
Ähnlich verhält es sich mit der Gier. Bei steigenden Kursen fällt es vielen Anlegerinnen und Anlegern schwer, ihre Gewinne zu realisieren. Es muss immer noch ein bisschen mehr sein. In manchen Situationen mag diese Vorgehensweise begründet sein. Manche Unternehmen sind so gut aufgestellt, dass sie langfristig betrachtet stets an Wert gewinnen konnten. Doch wenn man sich in einer Blasenbildung befindet und nicht rechtzeitig verkauft, können sich die satten Gewinne schnell in schmerzhafte Verluste verwandeln, welche man im schlimmsten Fall nicht mehr wettmachen kann. „Bei erwarteten Gewinnen werden wir risikofreudig und neigen zu Fahrlässigkeit und Selbstüberschätzung“, erklärt Ullrich. „Unser Gehirn giert ständig nach Belohnung. Das limbische System wird aktiviert und das sogenannte Glückshormon Dopamin sorgt dafür, dass wir gerne alle Vorsichtsregeln außer Acht lassen.“
Bewusste Entscheidungen sind gefragt
Emotionen werden und sollen sich im Umgang mit Geld nie ausschalten lassen. Emotionen können unterstützen, zum Beispiel, wenn man aus Zuneigung zu den eigenen Kindern über deren finanzielle Vorsorge nachdenkt. Doch niemals sollten Emotionen allein den Ausschlag in Finanzentscheidungen geben. Gier und Angst sind keine guten Ratgeber in Finanzfragen. Daher sollte man sich in Geldfragen nicht nur über die Fakten, sondern auch über die Emotionen bewusst sein, die einen leiten.